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Fassdaubenweekend Engelberg

Fassdaubenwochenende 2./3. Februar 2019

Mit gepacktem Tornister am Rücken und den mit den Stöcken aufgespiessten Fassdauben über der Schulter trotteten die Schneesportler des TV am frühen Samstagmorgen des ersten Samstags im Februar Richtung Poststelle in Wiesendangen. Anlässlich des Jubiläums, welches gemeinsam mit der Feuerwehr Wiesendangen gefeiert wurde, begleiteten uns einige Feuerwehrmänner an diesem Wochenende. Ihnen war es verständlicherweise nicht möglich auf die Schnelle genauso schöne Bretter und edle Kleidung wie wir sie trugen, zu organisieren. Sie begleiteten uns also auf ihren post-modernen Dauben und in leuchtender Kleidung. An dieser Stelle will allerdings bemerkt werden, dass ein gewisser Feuerturner, D.G., wohnhaft in Wiesendangen, sich unter dem Vorwand seine neuen Skier ausprobieren zu wollen, weigerte unserer langjährige Tradition zu pflegen, wofür er verständlicherweise verachtendes Gespött erntete. Einigen waren die Strapazen des Vorabends merklich anzusehen, wobei dies mit Bestimmtheit auf das pickelharte Training des Vorturners T.K., wohnhaft in Attikon, mit seinen speziell ausgetüftelten Übungen und ihren sonderbaren Namen („Schildkröte“, „Krabbe“, „Lunge Jumps“ und „V-Sitz“, um nur einige davon zu nennen) zurückzuführen war. So bestiegen wir dann kurz vor 07:00 Uhr den Car, welcher traditionsgemäss erst einmal den Weg Richtung Stationsstrasse einschlug. Widererwartet trafen wir unterwegs jedoch oben erwähnten Vorturner und sein Gspändli N.A., wohnhaft in Wiesendangen, welche den Weg gen Post bereits eingeschlagen hatten. Gerne hätte ihn ein Sonderkommitee aus seinen Träumen gerissen… In dem Sinne bereits hier und jetzt ein herzliches Dankeschön an unseren Siebenschläfer N.A., welcher sich damit freiwillig gemeldet hat, das Fassdaubenwochenende im kommenden Jahr zu organisieren. Nach einem kurzen Boxenstopp in Kemptthal war die Meute dann schlussendlich komplett und der Weg nach Engelberg konnte in fester Überzeugung, dass allfällige Wunden der dort ansässigen Bevölkerung des letzten Besuches vor 15 Jahren verheilt und Narben vergessen waren, in Angriff genommen werden. Unterwegs bewiesen einige Turner zur Freude ihrer Mitreisenden ihr Können im Anrichten mustergültiger Plättli, welche im Anschluss durch Herumreichen verspeist wurden. Ebenfalls wurden edle Tropfen Traubensaft, welcher teilweise das Alter beinahe sämtlicher Carinsassen überschritt, und gesundes Gemüse in die Runde geschickt. Vereinzelte Gestalten sehnten sich vornüber den Klapptisch gebeugt, nach ihrem Bett und versuchten das heitere Treiben um sie herum zu ignorieren.

So verging die Zeit wie im Flug und schon bald verliessen wir die Autobahn in Stans talaufwärts. Unterwegs bewies auch unser Carfahrer nach unserseits aufmunterndem Gesang sein fahrerisches Können in der mehrfachen Umrundung eines hiesigen Kreisels, wofür er gebührenden Applaus erntete. Schon bald erreichten wir unsere Herberge, wo das obligate Gruppenfoto geknipst wurde und die meisten ihren sogenannten „Affen“ auf einem der zwei reservierten Zimmer deponierten. Daraufhin zogen wir zu Fuss, die Dauben stets auf den Stöcken aufgespiesst, von dannen. Nach einem kurzen Marsch, bei der Talstation angekommen, verteilte uns Organisator D.K., wohnhaft in Attikon, die Billette und wir begaben uns der herrlich scheinenden Sonne 

entgegen. Auf dem „Stand“ war es dann endlich soweit und ein fast jeder schnürte seine Dauben. Einige schienen sich ab den herrlichen Schneeverhältnissen so sehr zu erfreuen, sodass sie beinahe stetigen Körperkontakt zu jenem suchten. Das grosse Rudel war dementsprechend träge und wieder einmal zeigte sich, dass  es beim Fass-daubenfahren eben nicht auf die Qualität der Dauben ankommt, sondern auf das fahrerische Können. Schon bald teilte sich der Trubel aufgrund der sehr unter-schiedlichen Fahrfähigkeiten und der damit korrelierenden Geschwindigkeiten in kleine Gruppen auf. 

Bei herrlichem Sonnenschein genossen die Turner die frische Bergluft auf den Brettern, verschlemmten in den gastfreundlichen Stätten traditionelle Speisen und gelüsteten sich ihrer geliebten Säfte in vermisster Geselligkeit. Der Tag verging und schlussendlich fand sich ein jeder im „Chalet“, der Après-Ski Hütte im Tal ein, wo gemeinsam auf den erlebnisreichen Tag angestossen wurde. Nebst dem dabei einige Bekanntschaften geschlossen wurden, beehrte uns auch noch eine Guggenmusik mit ihren Klängen, wobei sich D.A., wohnhaft in Wiesendangen, diese Chance nicht nehmen liess, nach dem Konzert die dadurch geweckte Aufmerksamkeit zu nutzen, um selbst noch ein Drum-Solo zum Besten zu geben. Die Tatsache,  dass das „Chalet“ im Anschluss für eine geschlossene Gesellschaft in immenser Anzahl von einem halben Dutzend Personen reserviert war, drängte uns dazu, das Weite zu suchen und uns im Dorf selbst nach einer Verpflegungsmöglichkeit umzusehen. Erneut teilte sich die Gruppe auf – diesmal eher nach den Vorstellungen wie das Abendessen auszusehen habe. Einige begnügten sich mit Burger oder Fajitas im nächstgelegenen „Yucatan“. Weitere entschieden sich für ein edles, chinesisches Restaurant in fester Absicht sich dort mit einem Schnitzel den Bauch vollzuschlagen, wobei dritte ihr Glück in einem Irish Pub versuchten. Und wieder einmal zeigte sich die umsichtige Art des Turners F.K., wohnhaft in Wiesendangen, welcher in einem Restaurant ein Menu bestellte, das Lokal allerdings sogleich wieder verliess, um sowohl das Essen als auch die Rechnung seinen Kameraden zu überlassen.

Schlussendlich begaben sich allerdings alle, die nach diesem anstrengenden Tag auf den Brettern noch genügend Kraft aufbringen konnten, in die „Gletscherspalte“. Korrekterweise gilt es an dieser Stelle zu erwähnen, dass einige zwar sowohl den Willen als auch die Kraft aufgebracht hätten das Lokal zu betreten, sich und seine Kameraden allerdings durch eine etwas ungeschickte Sprachlosigkeit im falschen Moment den Zutritt verwehrten, worauf sie nichts besseres wussten, als den Heimweg anzutreten. Nicht allerdings der hartgesottene, nach seinem Schöpfer strebenden I.K., wohnhaft in Wiesendangen, welcher nach einem gemäss eigener Aussage kurzen Einnicken während des Verdauens den Anschluss an die Gruppe verloren hatte. Der verzweifelte Waisenturner irrte traurig in den Strassen Engelbergs auf der Suche nach seinen Festbrüdern und besuchte ein Lokal nach dem anderen. Schliesslich entschied er sich in einer stimmigen Beiz den Spiess umzudrehen und auf die mit Bestimmtheit bald eintreffenden Kollegen zu warten. Mit diesem Plan liess er sich hinter einem edlen Tropfen Gerstensaft nieder und wartete gespannt auf die Dinge, die da kommen werden. So spielte die Live-Band ihr Repertoire und als sie abermals eine Musikpause einlegten, musste sich I.K. so langsam aber sicher eingestehen, dass sein Plan doch nicht ganz aufzugehen schien. Resigniert verliess er den Laden und betrat auf ein Neues die schneebedeckten Strassen Engelbergs. Vorbei am Eingang der Gletscherspalte, welcher stets durch einen Wächter beaufsichtigt wurde, gelang er erneut dahin, wo er Stunden zuvor durch einen Türsteher aus seinen Träumen gerissen 

wurde: dem „Yucatan“. Nur sein diplomatisches Geschick und sein hoch und heiliges Versprechen seinen Kopf kein zweites Mal auf der Theke rasten zu lassen erlaubten es ihm, das bereits eher verlassene „Yucatan“ erneut zu betreten. Der sich ihm gebotene Anblick des Innenlebens der Bar war allerdings eher erniedrigend: Kein Turnerkamerad in Sicht. Ein weiteres Mal besann er sich seiner scheinbar ausweglosen Einsamkeit, orderte eine Stärkung und strengte seine grauen Zellen an, um herauszufinden, wo er den Anschluss an die Gruppe doch noch finden könnte. Nach langem Überlegen und dem gedanklichen Durchspielen des Ausschlussverfahrens, wo er überall niemanden angetroffen hatte, kam er scharfsinnig zum Schluss, dass entweder alle Mitturner den Heimweg bereits angetreten haben mussten, oder aber in der „Gletscherspalte“ zu sein haben. Des Weiteren wurde ihm bewusst, dass seine einzige Hoffnung diese Nacht im Warmen verbringen zu können im Antreffen seiner Kameraden in der „Gletscherspalte“ lag, da er sowohl das Natel im Hotel liegen gelassen hatte, die Orientierung komplett verloren hatte als ihm auch der Name der Unterkunft unbekannt war. Es musste also ein Plan her, mit welchem er sich vorbei am Türsteher ins Innere des besagten Clubs begeben konnte. Und so brütete er. Nachdem es mindestens bereits zum dritten Mal nach Mitternacht zur vollen Stunde geschlagen hatte, zog I.K. dann schliesslich los, fest entschlossen seine Tarn- und Schleichkünste anzuwenden, um den Schuppen ungesehen zu betreten. Dort angekommen stellte sich heraus, dass besagter Wächter seine Schicht wohl bereits vor längerer Zeit beendet haben musste, was ihm unbemerkten Zutritt gewährte. Unterhalb der Wendeltreppe fand sich ein stets lebendiger Haufen Leute, welche sich intensiv zu den Klängen der Musik bewegten und siehe da: Endlich ein Wiedersehen mit seinen treuen Festbrüdern. Beinahe von Freudentränen gerührt, stiess er zu ihnen, welche wiederum ihren Augen kaum zu trauen glaubten, dass sich zu dieser Uhrzeit tatsächlich noch ein Turnerkamerad zum Fest dazugesellte. Während der Abwesenheit des Waisenturners hatte DJ Vinül Junkie in der „Gletscherspalte“ ordentlich für Stimmung gesorgt und schaffte es mit jedem Liedübergang die Masse erneut zum Tanzen und Toben anzuregen. Vereinzelten Turnern sagte die Musik sogar so zu, dass sie es, trotz ihrer ausbrechenden Müdigkeit, auf keinen Fall in Betracht zogen das Lokal zu verlassen, sondern sich stehend, dösend zu den Klängen der Musik bewegten. Bezeichnend für die Stimmung für welche der DJ sorgte, ist wohl die Tatsache, dass kein einziges foto- oder videodokumentarisches Zeugnis dieses Abends existiert. Die Erinnerungen an die Party des Jahres, wenn nicht sogar des Lebens, bleiben allerdings mit Sicherheit in den Köpfen der Teilnehmer eingebrannt. 

In festem Bewusstsein, dass auch der Sonntag wieder einiges von uns abverlangen werde, begaben wir uns schliesslich, vernünftig wie wir sind, auf unseren langen, langen Heimweg. In vielen kleineren Gruppen oder auch alleine machten wir uns durch das nächtlich, tobende Schneegestöber, vorbei an schwer schiebenden Pfadschlitten, auf den Weg in unsere Herberge. Doch nicht alle: Der Turner F.M., wohnhaft in Wiesendangen, entschloss sich ritterlich wie er ist, eine gewisse Dame, wessen Name stark einem Männernamen ähnelte, nachhause zu geleiten. Selbstverständlich schenkten wir seinen Worten Glauben, als er uns erklärte, dass er die Wohnung nur betreten habe, um sein müde gewordenes Natel mit neuem Saft zu befüllen, da auch ihm weder Standort noch Name der Unterkunft bekannt war. 

Frühmorgens motivierten die bereits etwas wacheren Zimmergenossen ihre noch schlaftrunkenen Kollegen zum Aufstehen. Dies geschah mitunter Einsatz von Schneebällen, was grosse Wirkung zeigte. Doch das Aufstehen lohnte sich. Es empfing uns ein Morgenbuffet, wie man es sich schöner nicht hätte ausmalen können. Alles was das Herz begehrte war aufzufinden und wurde verspeist, währendem die am Vorabend erlebten Geschichten ausgetauscht wurden. So entstand auch eine Liste mit vermissten Gegenständen, welche von Mützen, über Helme bis hin zu Fassdauben reichte. So gingen wir schlussendlich gemeinsam los. Die meisten zog es bergaufwärts, wobei ein Turner, A.K., wohnhaft in Attikon, sich erneut eine Tageskarte zu leisten hatte, da er den Verlust des am Tag vorher erhaltenen Skibillets zu beklagen hatte. Oben ange-kommen kämpfte man sich durch den Schneesturm bis in eine gemütliche Beiz vor, wo sich der noch junge Tag gut verbringen liess. Dabei kamen weder Speis noch Trank zu kurz. Zwei Jungturner erhielten ihre Schneetaufe, währendem sich einige wagemutige, angefressene Sportler sich in den Hängen des Titlisgebirges von Pistenpfosten zu Pistenpfosten vordrängten. 

Eine kleine Delegation bestehend aus drei Turnern ergründete die Fährte der Spuren vom Vorabend, um die verlegten Gegenstände wiederzubeschaffen. Sämtliche Aufent-haltsorte der Turner inkl. deren von I.K. vom Vorabend, wurden abgesucht. Kommissar-K., wohnhaft in Attikon, analysierte Tathergänge, allfällige Spuren in Schnee und an Fassaden und Handlungen, machte telefonische Abklärungen und suchte den Dialog zu den Einheimischen. Ein Detektiv, der seinesgleichen sucht! Doch seine und die Bemühungen seiner Gefährten blieben unbelohnt. Gerade einmal ein Paar Fassdauben, welches wohlweislich am Vorabend an einem sicheren Ort, also im Skiständer einer Bar, versteckt worden war, konnte gefunden werden. Nachdem nicht einmal das mehrfache Abschreiten des gestrig gegangenen Weges zum Ziel geführt hatte und die Beine des Suchtrupps nach zehn Kilometern langsam aber sicher müde zu werden begannen, musste wohl oder übel langsam ans Aufgeben gedacht werden. Kommissar-K. und seine zwei Gefährten suchten schlussendlich ein Gasthaus zur Stärkung auf, um anschliessend noch ein letztes Mal im grausig, kalten Schneesturm Schneemade um Schneemade vor dem „Chalet“ umzugraben – erfolglos. Es blieb auch ihnen schweren Herzens nichts anderes übrig, als Zuflucht in der genannten Bar zu suchen und den Frust über den Verlust eines nigelnagelneuen Paar Fassdauben, einen schönen, alten Helm und eine Kappe, versuchen zu vergessen. Das vermisste Gut wird wohl einen neuen Besitzer gefunden haben. Es bleibt nur zu hoffen, dass es ihm mindestens so viel Freude bereitet, wie es uns beschert hätte.

Bald einmal trudelte auch der Rest der Turner wieder im Tal ein. In ihrer Obhut befanden sich mittlerweile diverse Errungenschaften, welche von Kräuter- bis hin zu Heuerzeugnissen in grossen Flaschen reichte. Nach der einen oder anderen Runde Hopfensirup bestieg man guter Dinge den bereits wartenden Car, welcher uns als erstes zu unserer Unterkunft brachte, wo wir unsere Tornister einluden. Wie bald und wie schnell die Fahrt von da an heimwärts gehen werde war allerdings ungewiss, da die Strasse nach Engelberg und von Engelberg weg, aufgrund heftiges Schneefalls bzw. der dafür nötigen Räumungsarbeiten, geschlossen war. Die Fahrt verging allerdings ohne grössere Probleme. Guten Gewissens haben wir Engelberg nach fünfzehnjähriger Pause den Rücken gekehrt. Wieder zauberten Künstler malerische Plättli, welche mit abnehmender Distanz zu Wiesendangen immer weniger beliebt wurden, da die Bäuche langsam aber sicher vollgeschlagen zu sein schienen. Ein erlebnisreiches Wochenende des Turnvereins, auf unseren handgefertigten Fassdauben, zusammen mit einer kleinen Delegation Feuerwehrmännern und einem unentschlossenen Feuerturner, welcher am Sonntag seine neuen Bretter, welche er so ausgiebig testen wollte, kein einziges Mal angeschnallt hatte, ging mit dem Eintreffen des Cars vor dem Restaurant Löwen für die einen zu Ende und die anderen in die Verlängerung.

Unseren geliebten, vermissten Utensilien zur Ehre – ruhet in Frieden.

Florian Baumann